Als Frau nur Objekt

Als Frau nur Objekt

12.12.2021
Wir wussten ja, dass Togo nicht Deutschland ist. Ich selber war ja auch schon mal Ausländer, als ich Deutschland für einige Zeit verließ, daher war mir klar: andere Länder, andere Sitten. 

Machismo
Togo aber macht es schwer. Nach allem was ich so aus der Ferne erfahre, behandelt man Frauen deutlich schlechter als Männer. Frauen sind zum Heiraten da. Julia wird täglich mehrmals angequatscht. Man will sie anbaggern, oder verkuppeln mit dem Kumpel, dem Freund oder der diensthabende Arzt macht eindeutige Avancen und fragt ganz offen, ob sie ihn heiraten will. Das ist ernst gemeint, dabei hat man abgesehen vom Arbeitsplatz keinerlei persönliche gemeinsame Geschichte. Vielleicht ist man großzügig und empfindet es beim ersten Mal noch als Kompliment, aber dann ist man den zweiten Tag in Togo und es geht von vorne los. Als Vater widert mich so ein Verhalten an. Ich wünscht mir, ich wäre vor Ort und könnte ihr den Rücken stärken.

Yovo, Yovo!-Rassismus
Togo macht es doppelt schwer. Eine merkwürdige Art von Rassismus existiert gegenüber Weißen. Das funktioniert nicht so abstoßend wie in Deutschland, wo umgekehrt Menschen mit dunkler Hautfarbe rassistisch als minderwertig herabgewürdigt werden.  In Togo wird Weißen auf der Straße "Yovo, Yovo!" hinterhergerufen ("Weißer, Weißer!"). Das ist erstmal nicht rassistisch, sondern eher ein schräger Gruß (man stelle sich in Deutschland vor, man würde einem Menschen mit dunkler Hautfarbe ganz selbstverständlich "Schwarzer, Schwarzer!" hinterher rufen. Nope. Nicht vorstellbar. 

Der eigentliche Rassismus macht aus Weißen grundsätzlich eine Art missgünstiger Reicher. Wenn im Krankenhaus was fehlt, warum kauft man es nicht, man ist doch schließlich ein Yovo!? 

Einfach nach Togo schicken
Und es wird einem erklärt, dass man alles nach Togo zu schicken habe, was man nicht direkt braucht. Matratzen fehlen zum Beispiel im Krankenhaus. Wenn Julia wieder in Deutschland sei, dann solle sie doch die Matratzen runterschicken! Wie es um Schlangen-Serum steht in Deutschland? Julia sagte: "Wir haben in Deutschland so gut wie keine Giftschlangen, daher braucht das kein Haushalt.". Reaktion: "Ja, wenn ihr es nicht braucht, dann schickt es nach Togo!!". Sowas sagt ein Stationsarzt. Ernsthaft. Schickt alles nach Togo, ihr habt doch alles, also gebt es uns. Und immer wieder erwartet man von Julia, dass sie, spätestens wenn sie wieder in Deutschland ist, regelmäßig Geld nach Togo schickt. Als Yovo hat sie davon ja in beliebiger Menge zur Verfügung.

Wozu Togo?
Julia hat sehr zu kämpfen derzeit. Mit schlimmem Sexismus und täglichen sexuellen Avancen, rassistischer Ablehnung, Langeweile (denn wenn in den 6 Arbeitsstunden fünfmal Blutdruck gemessen wird, dann gilt das schon als "stressiger Tag"), Heimweh und der bohrenden Frage, ob Togo eine gute Idee war. Sie möchte unbedingt durchhalten, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich das für sie auch noch möchte. Zurzeit macht sie vielleicht nur weiter, weil sie nicht aufhören will. Nicht, weil sie dableiben will.

Kurz und gut: es könnte besser laufen derzeit. Es ist mindestens eine schwache Phase. Vielleicht kein Wunder, so kurz vor Weihnachten. Hinzu kommt, dass alle 8 anderen Freiwilligen im Laufe der nächsten Monate Besuch ihrer Familien in Togo bekommen sollen. Selbstverständlich. Ja, darüber nachgedacht haben wir auch.


Auf dem Gelände des Centre wurde eine - anscheinend nicht allzu gefährliche - Schlange gefunden.




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